Der Flakturm stak in den Himmel. Er war ausgerichtet an der Hauptallee des Parks. Vieleckig, grau, schwarz, und grauschwarz, modrig-unmoderbar, matt und unzerstörbar und leer. Er war manchmal rätselhaft, immer sinnlos. Wir gingen, und ich verabscheute ihn.
Es war windig im Augarten, aber sonnig, Schädlinge befraßen die Kastanien. Ich ging mit verschränkten Armen, sie mit einer Hand am Gurt ihrer Tasche. In sehr ungleicher Höhe standen verschiedenste Blumen am Rand der großen Rasenflächen. Ein Kind stürzte hinein. Viele Kinder und Familien waren hie und da in Gruppen beisammen und machten den Eindruck von Kindergeburtstagen. Warum heute, anders als sonst, hier so viele Kindergeburtstage stattfänden, fragte sie. Weil die Kinder Geburtstag hätten, sagte ich.
Ich war anderer Meinung.
Schließlich erreichten wir eine große, rechteckig angelegte, jedoch weniger gepflegte Wiese. Am Rande ansteigend, lag sie etwas tiefer als die umliegenden Kieswege. Ein blödsinniger Dackel hatte sich in einen Ball verbissen, den die gegen fünfzig Jahre alte Besitzerin an einer Schnur hielt und vom Hund nicht losbekam. Endlich konnte sie ihn werfen. Der blödsinnige Dackel jagte dem Ball nach. Wir setzten uns nicht auf die Bank in der Sonne. Wir standen vor der Bank im Schatten und blickten schräg über die Wiese hinweg auf der Flakturm, der nackt vor uns stand, groß.
„Ich hasse den Bunker“, sagte ich.
„Wieso? Ich mag ihn“, sagte sie.
„Er stiehlt ein Stück vom blauen Himmel“, sagte ich. Ein bloßer Einfall.
„Der blaue Himmel ist langweilig. Ein paar Wolken gehören unbedingt dazu.“
Ich war anderer Meinung. Ein paar Wolken standen am Himmel. Wir setzten uns auf die Bank im Schatten. Damit wurde der Luftzug sehr unangenehm. Manchmal sprachen wir. Sie erklärte viele Dinge, meine Fragen wehrten Ausweichungen ab. Während wir schwiegen saßen die Fünfzigjährige und der blödsinnige Dackel zusammen auf der Wiese. Gegenüber Reihen befressener Kastanien, aber gleich hinter uns die Linden mit ihren herzförmigen, zahm gezackten Blättern. Der Flakturm stak in den Himmel.
Es ging gegen fünf, und sie stand auf, und ich rührte mich nicht, und sie sagte: „Du bleibst sitzen?“
Ich nickte.
Erstmals erschienen in: LOG – Zeitschrift für Internationale Literatur 140/2013